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Verkehrswende: Fehlanzeige.

Kommentar von Andreas Cevatli (29.08.2023)

Darmstadt ist Staustadt. Nirgendwo in Hessen steht man länger im Stau als hier. Auch wenn Michael Kolmer, der ehemalige Bürgermeisterspitzenkandidat der Grünen, meint, man hätte diesen Titel „nicht verdient“, sprechen die Zahlen eine ganz andere Sprache.

Durchschnittlich 47 Stunden steckten Pendler hier allein im Jahr 2022 fest. Verkehrswende: Fehlanzeige. Einer Machbarkeitsstudie für eine Fahrradschnellverbindung in 2019 folgte lange nichts. Eine gute Radverkehrsinfrastruktur sucht man in Darmstadt auch vier Jahre später noch vergebens. Diese städtebauliche Lethargie ist tödlich.

Exemplarisch hierfür: die Kasino-, Rhein-Neckar und Bismarckstraße. Diese haben sich als sogenannter Fahrradhighway für Bürger des Martinsviertels etabliert, die zügig in die Innenstadt gelangen wollen. Auf nicht einmal einem Kilometer Luftlinie trifft man hier allein jedoch auf drei „Geisterräder“ – weiße Fahrräder, die den Unfalltod eines Radfahrers symbolisieren. Die Dunkelziffer ist weitaus höher. Laut Angaben des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) sterben Jahr für Jahr auf deutschen Straßen rund 500 Radfahrer. Das sind mehr als zehn Menschen pro Woche.

Jedes der „Geisterräder“ steht für den Unfalltod eines Radfahrers.

Das Land Hessen greift nun zumindest in Darmstadt ein. 470.000 Euro wurden kürzlich für den Hotspot der Kasino-, Rhein-Neckar, Heidelbergstraße bereitgestellt. Alles in allem beträgt die Fördersumme für die Stadt 628.000 Euro. Das war es. Diese Summen sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn nachhaltige Veränderung würde mehrere Millionen Euro kosten. Fahrradfahrer und Fußgänger teilen sich beispielsweise allein auf der Kasinostraße einen nur gut 1.5 Meter breiten Gehweg, während nebenan auf bis zu sechs Spuren der Verkehr rast. Dabei kann Hessen doch so viel mehr. Von Frankfurt aus führt nach Darmstadt die deutschlandweit erste Fahrradautobahn. Doch nur damit ist es nicht getan. Die Stadt gleicht einer Baustelle – einer Baustelle ohne Plan. Es bräuchte Mut. Jemanden, der ein Zeichen setzt, endlich keine Plattitüden mehr. Wer traut sich?

Hier könnt ihr euch den Beitrag anhören:

English version (automated translation):

Traffic turnaround: A dead end.

by Andreas Cevatli (29.08.2023)

Darmstadt is a congestion-city. Nowhere in Hesse are people stuck in traffic jams longer than here. Even though Michael Kolmer, the former top mayoral candidate for the Green Party, said that the city „didn’t deserve“ this title, the numbers speak a very different language.

Commuters were stuck here for an average of 47 hours in 2022 alone. Traffic turnaround: A dead end. A feasibility study for a bicycle express link in 2019 was followed by nothing for a long time. Four years later, Darmstadt is still looking in vain for a good cycling infrastructure. This urban development lethargy is deadly.

Exemplary for this: the Kasino-, Rhein-Neckar- and Bismarckstraße. These have established themselves as a so-called bicycle highway for citizens of the Martinsviertel who want to get to the city center quickly. However, on less than one kilometer as the crow flies, one encounters three „ghost bikes“ here alone – white bicycles that symbolize the accidental death of a cyclist. The number of unreported cases is much higher. According to the German Cyclists‘ Association (ADFC), around 500 cyclists die on German roads every year. That’s more than ten people a week.

The state of Hesse is now taking action, at least in Darmstadt. 470,000 euros were recently allocated for the hotspot of the casino, Rhine-Neckar, Heidelbergstrasse. All in all, the funding amount for the city is 628,000 euros. That’s it. These sums are a drop in the bucket. Because sustainable change would cost several million euros. On Kasinostrasse alone, for example, cyclists and pedestrians share a sidewalk that is only a good 1.5 meters wide, while traffic races along in up to six lanes. Yet Hessen can do so much more. Germany’s first bicycle highway leads from Frankfurt to Darmstadt. But that’s not all. The city resembles a construction site – a construction site without a plan. It would take courage. Someone who sets an example, finally no more platitudes. Who dares?

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