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DOUBLE DARE YA – Wie war’s beim FLINTA*-Tag in der Oetinger Villa?

von Louisa Albert (20.03.2024)

Lichterketten säumen den Flur, der an zwei Unisex-Toiletten vorbei in den großen Hauptraum der Oetinger Villa führt. Es herrscht reges Treiben im alten Gebäude, das sich mit seinen mit Efeu überwucherten Hauswänden fast schon mystisch in der Kranichsteiner Straße erhebt und heute Veranstaltungsort für den ersten hier stattfindenden FLINTA*-Tag ist. 

Illustration: Margo Sibel Koneberg

FLINTA* – das steht für Frauen, Lesben, Inter-, Nicht-binäre, Trans- und Agender-Personen. Das Sternchen am Ende soll zusätzliche Variationen der Geschlechtervielfalt einbeziehen. Wer eine homogene Masse erwartet, hat falsch gedacht. Kommen kann heute jede*r, nur eben keine cis-Männer. Seit Beginn der feministischen Bewegungen haben Frauen sich Räume geschaffen, die nur für sie zugänglich sein sollten. In solchen Räumen wurde sich ausgetauscht, vernetzt und es wurden Schritte in Richtung wichtiger Errungenschaften wie die des Frauenwahlrechts beschlossen. 

Auch heute wünschen sich viele Frauen und Minderheiten wie Angehörige der queeren Community oder People of Color eigene Räume, in denen sich frei von Diskimierung bewegt werden kann. „Wir haben in unserer WG darüber geredet, dass es doch voll cool wäre, mal so einen Tag zu haben, einen FLINTA*-Tag, der jetzt nicht direkt eine Veranstaltung mit einem politischen Vortrag ist oder intellektuell sehr anspruchsvoll“, erzählt Lucia, eine der Veranstalterinnen. „Einfach ein Tag, der einen Raum bietet, in dem sich FLINTA* ausleben, ausprobieren, connecten, eine coole Zeit haben und dann auch noch feministische Inhalte behandeln können.“ Organisiert wurde der Tag von den Racoons, einer feministischen Konzertgruppe aus Darmstadt. „Uns ist wichtig, dass in der ja doch sehr männerdominierten Musikszene FLINTA*-Personen mehr Raum einnehmen und mehr Reichweite und Möglichkeiten kriegen, sich auszuprobieren“, erklärt Jana, Lucias Mitbewohnerin und ebenfalls Mitveranstalterin. „Deswegen achten wir bei unseren Veranstaltungen darauf, dass wir nicht nur Typen auf der Bühne haben, sondern größtenteils FLINTA*-Personen. Wir haben uns dann gedacht, dass es eine voll coole Kooperation wäre, (den heutigen Tag) unter dem Racoons-Label laufen zu lassen.“ 

Zines, feministische Märchen und bunt bedruckte T-Shirts
Alle Besucher*innen werden von Lucia begrüßt. Wer sich im Laufe des Tages unwohl fühle, könne sich an Personen in lila Westen wenden, erklärt sie. Diese gehören zum sogenannten „Awareness-Team“. „Vom Awareness-Team Darmstadt haben wir richtig viel Unterstützung bekommen“, erzählt Jana dankbar. Die Mitglieder des Awareness-Teams sind auf Veranstaltungen Ansprechpersonen in grenzüberschreitenden oder diskriminierenden Situationen. Wer Lucias Ansprache verpasst hat, kann auf ausliegenden Flyern nachlesen, dass das Team sicherstellen möchte, dass sich jede*r wohl und respektiert fühlt. 

Weiter geht es mit den Workshops. Erster Stopp: Zines basteln – kleine Magazine, die man aus A4-Papier faltet. Den Workshop leitet Lotta. Sie macht gerade ihr Fachabi, hat schon mehrere Zine-Workshops geleitet und auch das Plakat für die heutige Veranstaltung gestaltet. Die Oetinger Villa gefällt ihr gut. „Ich komm nicht von hier, aber finde es immer sehr cool“, erzählt sie. Die Zine-Kultur gibt es schon seit einigen Jahrzehnten. Die meist in kleiner Auflage erscheinenden Heftchen werden von verschiedenen Subkulturen gerne dazu genutzt, um Werte oder bestimmte Anliegen günstig und schnell zu verbreiten. Lotta erzählt, wie zum Beispiel in der Punk-Szene mit Zines auf Konzerte aufmerksam gemacht und über diese und jene Themen berichtet wird. Heute sind der Themenwahl keine Grenzen gesetzt. Mit Edding, Zeitschriften-Schnipseln und Stickern können die kleinen Hefte verziert werden. 

Während hier fleißig gebastelt wird, wird einen Raum weiter konzentriert geschrieben. Beim „Kreativen Schreiben“ ist der Name Programm. Ein bis zwei Minuten soll einfach drauf los geschrieben werden, ohne den Stift abzusetzen – das soll den Druck nehmen. Auf den bunt bestickerten Holztischen stapeln sich schon die wild beschriebenen Seiten. Als zweite Übung werden Texte verteilt, Märchen und Geschichten, über die man sich damals im Deutschunterricht den Kopf zerbrochen hat. „Oft sind die Frauen in solchen Texten eher unterlegen“, erklärt Lucia, die den Workshop anleitet. Rapunzel muss vom mutigen Prinzen gerettet werden, Faust schwängert Gretchen und lässt sie dann allein zurück, um mit dem Teufel auf dem Brocken eine wilde Party zu feiern. Nicht besonders femninitsich also. „Obwohl ich es schon empowernd finde, dass (die Prinzessin beim Froschkönig) den Frosch an die Wand wirft“, bemerkt jemand und alle lachen. Genau diese Storys können jetzt umgeschrieben werden in eine Story aus FLINTA*-Perspektive. „Cool, aber auch ein bisschen herausfordernd“, findet eine Teilnehmerin. Beim dritten Workshop können all diejenigen mitmachen, die ihren Kleiderschrank etwas aufpimpen möchten. Mit Siebdruck können mitgebrachte T-Shirts selber bedruckt werden. Und so trocknen gegen Ende der Workshops einige bunte Shirts mit verschiedenen Motiven an der Wand. 

„Einfach mitmachen“
Die Stimmung ist gut, es wird sich ausgetauscht und fröhlich gequatscht. Das liegt sicherlich auch an der außergewöhnlichen Location, die der ganzen Veranstaltung eine besondere Stimmung verleiht. „Wir haben uns für die Villa entschieden, weil sie ein sehr cooler Raum ist und wir uns wünschen, dass mehr Leute sie kennenlernen und vielleicht auch Lust haben, sich einzubringen“, erzählt Jana. „Die Villa ist ein selbstverwaltetes Haus, sie lebt also von den Leuten, die sie am Laufen halten. Das Haus gibt aber auch super viel zurück, weil man so viele Freiheiten hat und so viel ausprobieren kann. Das wollten wir zum einen vielen Leuten zugänglich machen und zum anderen bestand natürlich auch ein bisschen die Hoffnung, vielleicht Leute zu finden, die Interesse haben, einfach mitzumachen.“ 

„Einfach mitmachen“ – das ist hier in der Villa bei vielen Gelegenheiten möglich, wie zum Beispiel bei der „KÜFA“, der „Küche für alle“. Einmal in der Woche bereitet die KÜFA Essen auf Spendenbasis zu. Auch heute versorgt sie die Besucher*innen mit einem veganen Buffet. Zum Essen wird der Film „FEMINISM WTF“ gezeigt. Er verbindet Feminismus mit Kapitalismuskritik, Rassismus- und Genderforschung, zeigt Experten-Interviews und unterstreicht mit eindrucksvollen Tanzszenen, was es bedeutet, aus gesellschaftlichen Rollenmustern auszubrechen. Wer dann noch Energie hat, kann zur anschließenden Party bleiben. Das Fazit der Veranstalterinnen: „Wir haben das Feedback bekommen, dass es den Leuten gut gefallen hat“, erzählt Lucia und auch Jana ist zufrieden. „Ich hatte ultra viel Spaß, wir haben viele Leute erreicht und viele positive Rückmeldungen bekommen. Ich würde das auf jeden Fall nochmal machen.“ 

Mein Fazit
Es hat sich schon viel getan im Sinne der Gleichberechtigung. Trotzdem werden Frauen und viele Minderheiten auch in unserem Alltag noch häufig mit dem konfrontiert, was und wer sie sind. Der FLINTA*-Tag hat gezeigt: Auch heute lohnt es sich, geschützte Räume zu schaffen, um denen einen Ort zu geben, die sich an vielen anderen Orten in unserer Gesellschaft (noch) immer nicht wohl, sicher und respektiert fühlen. 

English version (automated translation):

„DOUBLE DARE YA – How was the FLINTA*-Day at Oetinger Villa?

by Louisa Albert (20.03.2024)

Fairy lights line the hallway that leads past two unisex bathrooms into the large main room of the Oetinger Villa. The old building, with its ivy-covered walls, almost mystically rises on Kranichsteiner Street and today serves as the venue for the first-ever FLINTA*-Day held here.

illustration: Margo Sibel Koneberg

FLINTA* stands for women, lesbians, intersex, non-binary, trans, and agender people. The asterisk at the end is intended to include additional variations of gender diversity. Those expecting a homogeneous crowd will be surprised. Today, everyone is welcome, except for cis-men. Since the beginning of feminist movements, women have created spaces meant to be accessible only to them. In such spaces, they exchanged ideas, networked, and took steps toward significant achievements like women’s suffrage.

Today, many women and minorities such as members of the queer community or People of Color still desire their own spaces where they can move freely without discrimination. “We talked about it in our flat that it would be really cool to have a day like this, a FLINTA*-Day, which is not directly a political lecture or intellectually demanding,” says Lucia, one of the organizers. “Just a day that provides a space where FLINTA* individuals can express themselves, try new things, connect, have a great time, and also deal with feminist content.” The day was organized by the Racoons, a feminist concert group from Darmstadt. “It’s important to us that in the rather male-dominated music scene, FLINTA* individuals take up more space and get more visibility and opportunities to try themselves out,” explains Jana, Lucia’s roommate and co-organizer. “That’s why we make sure that at our events, we don’t just have guys on stage, but mostly FLINTA* individuals. We thought it would be a really cool collaboration to run (today’s day) under the Racoons label.”

Zines, feminist fairy tales, and colorfully printed T-shirts
Lucia greets all visitors. Those who feel uncomfortable during the day can turn to people in purple vests, she explains. These belong to the so-called „Awareness Team.“ “We got a lot of support from the Awareness Team Darmstadt,” Jana gratefully shares. The members of the Awareness Team are contacts at events for situations that cross boundaries or are discriminatory. Anyone who missed Lucia’s speech can find flyers explaining that the team aims to ensure everyone feels comfortable and respected.

Next: the workshops. First stop: crafting zines – small magazines folded from A4 paper. Lotta, who is currently doing her technical diploma and has led several zine workshops and also designed the poster for today’s event, leads the workshop. She likes the Oetinger Villa. “I’m not from around here, but I always find it very cool,” she shares. The zine culture has been around for several decades. These booklets, often published in small editions, are used by various subcultures to spread values or specific concerns cheaply and quickly. Lotta talks about how, for example, the punk scene uses zines to promote concerts and report on various topics. Today, there are no limits to the choice of topics. With markers, magazine clippings, and stickers, the small booklets can be decorated.

While people are busily crafting here, the next room focuses on concentrated writing. „Creative Writing“ is exactly what it sounds like. Participants are encouraged to write non-stop for one or two minutes without lifting the pen – to reduce pressure. The colorful, sticker-covered wooden tables are already piled with wildly written pages. As a second exercise, texts are distributed – fairy tales and stories that puzzled many during German lessons. “Often, women in such texts are portrayed as inferior,” explains Lucia, who leads the workshop. Rapunzel needs to be saved by the brave prince, Faust impregnates Gretchen and then leaves her alone to party with the devil on the Brocken. Not exactly feminist. “Though I find it empowering that (the princess in the Frog Prince) throws the frog against the wall,” someone remarks, and everyone laughs. These stories can now be rewritten from a FLINTA* perspective. “Cool, but also a bit challenging,” finds a participant. In the third workshop, those who want to spice up their wardrobes can participate. With screen printing, brought T-shirts can be printed by participants themselves. And so, by the end of the workshops, several colorful shirts with various motifs are drying on the wall.

“Just join in”
The atmosphere is good; people are exchanging ideas and chatting cheerfully. This is certainly also due to the extraordinary location, which gives the entire event a special ambiance. “We chose the villa because it’s a really cool space and we hope that more people get to know it and maybe also feel inspired to contribute,” Jana explains. “The villa is a self-managed house, so it thrives on the people who keep it running. But the house also gives back a lot because you have so many freedoms and can try out so much. We wanted to make that accessible to many people and, of course, we also hoped to maybe find people interested in simply joining in.”

“Just join in” – this is possible at the villa on many occasions, such as during the “KÜFA”, the “kitchen for all”. Once a week, the KÜFA prepares food on a donation basis. Today, it also provides the visitors with a vegan buffet. Alongside the meal, the film “FEMINISM WTF” is shown. It combines feminism with criticism of capitalism, racism, and gender studies, features expert interviews, and underscores with impressive dance scenes what it means to break out of societal role patterns. Those who still have energy can stay for the subsequent party. The organizers’ conclusion: “We’ve received feedback that people really enjoyed it,” Lucia shares, and Jana is also satisfied. “I had a lot of fun, we reached many people and received many positive responses. I would definitely do it again.”

My Conclusion
A lot has happened in terms of equality. However, women and many minorities are still frequently confronted in our everyday lives with what and who they are. The FLINTA*-Day has shown: Even today, it is worthwhile to create protected spaces to offer a place for those who do not feel comfortable, safe, and respected in many other areas of our society.

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