In der Hoffnung auf ganzheitlich inklusivere Campustoiletten an der h_da
Haase, Ellie (30.10.2024)
Ein appellativer Meinungsbeitrag
Seit nun gut vier Jahren bezeichne ich mich selbst als „queer“ – also als nicht der Geschlechternorm unserer Gesellschaft entsprechend. Und inzwischen bin ich in meiner persönlichen Entwicklung so weit vorangeschritten, dass mir viele Dinge in Bezug auf den Umgang mit meiner Identität leichter fallen, als sie mir das am Anfang meines Findungsprozesses noch taten. Ein Thema, mit dem ich mich bis heute schwertue, ist das auf die Toilette gehen in Kontexten, die außerhalb meiner Wohnung, außerhalb meiner Komfortzone, stattfinden.
Illustration: Margo Sibel Koneberg
Es hat mich immer schon Überwindung gekostet, öffentliche Toiletten zu verwenden, wenn es nur die Option einer Herren- und einer Damentoilette gab. Richtig wohl fühle ich mich nämlich auf keiner der beiden. Wenn ich an einem öffentlichen Ort bin, der eine Option für Menschen außerhalb des binären Geschlechterspektrums verfügbar hat, fühle ich mich gesehen und auch sicherer, als wenn ich auf die Behindertentoilette ausweichen muss oder es ganz sein lasse, weil es schlicht keine Alternativen im Gebäude oder im näheren Umfeld gibt.
Gerade im Rahmen meines Studiums am Mediencampus in Dieburg hat das schon einige Male zu unangenehmen Situationen geführt. Denn die einzige Toilette, die für alle* Geschlechter vorgesehen ist, befindet sich im Verwaltungsgebäude, das fernab unserer Vorlesungs- und Seminarräume auf der anderen Seite des Campus liegt. Ich muss somit jedes Mal einen Laufweg von über zehn Minuten hinter mich bringen, um von Punkt A zu Punkt B und wieder zurückzukommen – auch während einer Vorlesung. Das kann doch eigentlich nicht im Interesse der Hochschule liegen, oder?
Leider besteht das Problem nicht nur am Mediencampus; auch am Zentralcampus Schöfferstraße gibt es Gebäuden, die allein mit Toiletten für eine veraltete Geschlechterverteilung ausgestattet sind. Besonders überrascht hat mich das bei zwei relativ neu erbauten Hörsaalgebäuden: C19 und C20. 2013 und 2015 fertiggestellt, bieten sie zwar eine Behindertentoilette, jedoch sucht man auch dort vergeblich nach einer Option für trans*- oder nichtbinäre Studierende. Für mich persönlich wäre das eigentlich kein Problem, ich würde einfach auf das vorhandene Behindertenklo ausweichen – vorausgesetzt, das WC für ist frei zugänglich und nicht abgeschlossen. Dies war in der Vergangenheit leider schon mehrmals der Fall, und so musste ich mich auch dann und da wieder aus einer der beiden zur Verfügung stehenden Optionen wählen, was mir sehr unangenehm war.
Die Auswahl der Toiletten auf dem Gelände der Hochschule ist jedoch nicht überall so eingeschränkt. Am Fachbereich Gestaltung auf der Mathildenhöhe zum Beispiel haben sich die Studierenden die WCs im unteren Teil des Gebäudes als „all gender bathrooms“ beansprucht, indem sie einfach die Schilder mit den binären Beschriftungen überklebt haben. Auch im Gebäude der Informatiker:innen in der Innenstadt herrscht seit einiger Zeit eine fortschrittlichere Einteilung der Toilettenräume.
Generell hat die Hochschule im Grunde in Sachen Gleichstellung einiges zu bieten. Zum Beispiel das „Gleichstellungsbüro“. Dort werden Forschungsprojekte entwickelt und Projekte für einen inklusiveren Studienalltag umgesetzt. Die Wichtigkeit einer diversen, gleichberechtigten Hochschule scheint also schon nach ganz oben durchgedrungen zu sein. Umso mehr frage ich mich, wieso sich der Ausbau und die Modernisierung der sanitären Anlagen so zieht.
Mein abschließender Appell richtet sich an die Hochschulverwaltung:
Ich bin mir bewusst, dass die Fördermittel vom Land Hessen, was die Hochschulen und Universitäten betrifft, jedes Jahr dürftiger ausfallen. Und doch hoffe ich, durch diesen Artikel so weit ein erweitertes Bewusstsein für die schwierige Lage queerer Studierenden geschaffen zu haben, dass die Brenzligkeit der Lage etwas klarer geworden ist. Sich jeden Tag zwischen einer Pause und dem Gang zur Toilette entscheiden zu müssen, sollte im Studienalltag keine Normalität sein – für niemanden.
Ich würde mich freuen, noch während meiner verbleibenden Zeit an der h_da, einen Ausbau der Toiletten zu Orten der Inklusivität miterleben zu können.
English version (automated translation):
In Hope of More Inclusive Campus Bathrooms at h_da
by Ellie Haase (30.10.2024)
An opinion piece.
For about four years now, I have identified as „queer“ – that is, as not conforming to our society’s gender norms. And by now, I’ve progressed far enough in my personal development that many things related to navigating my identity have become easier for me than they were at the beginning of my journey. One issue I still struggle with, however, is using the bathroom in contexts that are outside of my home, outside of my comfort zone.
illustration: Margo Sibel Koneberg
It has always taken a lot for me to use public restrooms when only men’s and women’s bathrooms are available. I don’t feel truly comfortable in either. When I’m in a public place that has an option for people outside the binary gender spectrum, I feel seen and safer than when I have to use the accessible restroom or refrain entirely because there simply are no alternatives in the building or nearby.
During my studies at the Media Campus in Dieburg, this has led to uncomfortable situations several times. The only bathroom designated for all* genders is located in the administration building, far from our lecture and seminar rooms on the other side of the campus. I thus have to walk over ten minutes to get from point A to point B and back – even during a lecture. That can’t possibly be in the university’s interest, can it?
Unfortunately, this problem isn’t limited to the Media Campus; at the central campus on Schöfferstraße, there are buildings equipped only with bathrooms that reflect an outdated gender division. I was particularly surprised by this in two relatively new lecture hall buildings: C19 and C20. Completed in 2013 and 2015, they do have accessible restrooms, but you search in vain for an option for trans* or non-binary students. For me personally, this wouldn’t really be a problem; I would simply use the available accessible restroom – assuming, of course, that it’s freely accessible and not locked. Unfortunately, this has not always been the case in the past, and I have thus had to choose between one of the two available options, which made me very uncomfortable.
However, the bathroom options on campus are not limited everywhere. At the Department of Design on Mathildenhöhe, for example, students have claimed the bathrooms on the lower level of the building as “all-gender bathrooms” by simply covering the binary signs. In the computer science building downtown, a more progressive division of restroom facilities has also been in place for some time now. In general, the university actually has a lot to offer in terms of equality. For example, the “Equality Office,” where research projects are developed and projects are implemented for a more inclusive daily study experience. The importance of a diverse, equal-opportunity university seems to have already reached the top. This makes me wonder all the more why the expansion and modernization of sanitary facilities are taking so long.
My final appeal is directed at the university administration:
I am aware that funding from the state of Hesse for universities and colleges falls short every year. And yet I hope that by writing this article, I have helped create an expanded awareness of the difficult situation for queer students, and that the urgency of the situation has become somewhat clearer. Having to choose every day between a break and a bathroom visit should not be the norm in the daily study routine – for anyone. I would be delighted to witness the expansion of bathrooms into inclusive spaces during my remaining time at h_da.
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