In Darmstadt … Über Vulven reden
Von Melia Bauer (10.10.2023)
Die Vulva – die Hälfte der Weltbevölkerung hat sie. Und doch kann kaum jemand eine akkurate Vulva malen, wenn man die Person dazu auffordert. Einen Penis? Kein Problem. Den Anus? Easy! Aber eine Vulva? Schwierig.
Seit 2019 befasse ich mich intensiv mit der Vulva und dem Thema Sexualität – unzählige Bücher verschlungen, Dokumentationen geschaut und Gespräche geführt. Zwei Dinge sind mir dabei klar geworden: Wir reden zu wenig über die Vulva und „Normalität“ ist ein Konstrukt. Aber wessen Bringschuld ist es, uns darüber aufzuklären? Wenn man Sexualkundeunterricht hatte, dann befasste dieser sich meist mit Verhütung von Schwangerschaften und Geschlechtskrankheiten. Wesentliche Themen wie Lust, Konsens oder sexuelle Orientierung werden dabei gekonnt ignoriert. Ich erinnere mich bei meinem Sexualkundeunterricht an einen Holzpenis, über den wir ein Kondom stülpen mussten und ein schwules Paar, das über ihr Leben mit Aids berichtet hat. Naja.
Illustration: Margo Sibel Koneberg
Die Erkenntnis, dass jede:r selbst für die eigene Aufklärung zuständig ist, ist einerseits sehr ernüchternd und weiter eine Verdeutlichung des Versagens des Schulsystems. Sex ist so viel mehr als Krankheitsübertragung und Schwangerschaft.
So stand ich letztes Jahr im August da, den Kopf voller Ideen dazu, wie ich diese Wissenslücke bekämpfen könnte. In Gesprächen mit anderen habe ich schnell gemerkt, dass es mir total leicht fällt, auch mit fremden Menschen über Masturbation oder Ausfluss zu reden. Themen, die in unserer Gesellschaft noch immer total schambehaftet sind, obwohl (fast) jede davon betroffen ist. Masturbation ist gut für die Gesundheit und Ausfluss eine normale Körperfunktion von Personen mit Vulva! Gerade zum Thema Masturbation: Woher sollen Partner:innen wissen, wie wir angefasst werden wollen, wenn wir es nicht einmal selbst wissen? Mein Appell: Masturbiert mehr!
Aber zurück zum letzten Wintersemester: Das autonome Tutorium hat mir genau den Rahmen geboten, den ich für meine Aufklärungsarbeit gesucht habe. Ehrlich gesagt hatte ich bei meiner Bewerbung auch noch nicht den perfekten Plan aufgestellt, aber nach der Zusage nahm der Plan langsam Gestalt an. Innerhalb von sieben Terminen sollte sich mit der eigenen Identität, der Vulva aus gesellschaftlicher und biologischer Sicht, der Klitoris und Sex befasst werden. Ergänzt wurden die Inhalte durch kreative Einheiten, wie eine Collage über Geschlechterrollen basteln oder Schalen in Vulvaform aus Ton zu gestalten.
Mein ganz ehrliches Fazit: Mein autonomes Tutorium hat mir deutlich gemacht, dass ich auch beruflich in diese Richtung gehen möchte. Für mich persönlich war das Tutorium ein Erfolg, ich bekam viele positive Rückmeldungen von Teilnehmer:innen und konnte spannende Unterhaltungen führen. Nur mehr Werbung an der Hochschule würde ich das nächste Mal machen, um noch mehr Menschen zu erreichen.
Falls du auch ein Thema hast, für das du dich total begeisterst, und andere mit deinem Feuer anstecken möchtest, dann halte doch auch dein eigenes autonomes Tutorium! Genauere Infos findest du Hier – bis zum 15.10. kannst du dich bei tutorien@asta-hda.de bewerben. Wir freuen uns auf deine Ideen!
English version (automated translation):
„In Darmstadt … Talking about Vulvas“
by Melia Bauer (10.10.2023)
The vulva – half of the world’s population has one. And yet, hardly anyone can accurately draw a vulva when asked to do so. A penis? No problem. The anus? Easy! But a vulva? Difficult. Since 2019, I have been immersing myself intensively in the vulva and the topic of sexuality – devouring countless books, watching documentaries, and having conversations. Two things have become clear to me: we talk too little about the vulva, and „normality“ is a construct. But whose responsibility is it to educate us about it? If you had sex education, it mostly dealt with pregnancy prevention and sexually transmitted diseases. Essential topics like pleasure, consent, or sexual orientation are skillfully ignored. I remember my sex education class with a wooden penis that we had to put a condom on and a gay couple talking about their lives with AIDS. Well. The realization that each person is responsible for their own enlightenment is, on the one hand, very sobering and further underscores the failure of the education system. Sex is so much more than disease transmission and pregnancy. So there I stood last August, my head full of ideas about how I could combat this knowledge gap. In conversations with others, I quickly realized that it is very easy for me to talk to strangers about masturbation or discharge. Topics that are still heavily stigmatized in our society, even though (almost) everyone is affected by them. Masturbation is good for health, and discharge is a normal bodily function for people with vulvas! Especially regarding masturbation: How should partners know how we want to be touched if we don’t even know ourselves? My plea: Masturbate more! But back to last winter semester: The autonomous tutorial provided me with exactly the framework I was looking for for my educational work. To be honest, when I applied, I hadn’t yet formulated the perfect plan, but after getting accepted, the plan slowly took shape. Within seven sessions, we delved into one’s own identity, the vulva from a societal and biological perspective, the clitoris, and sex. The content was complemented by creative activities, such as creating a collage about gender roles or crafting bowls in the shape of a vulva from clay. My very honest conclusion: My autonomous tutorial made it clear to me that I also want to pursue this direction professionally. Personally, the tutorial was a success for me; I received many positive feedback from participants and had engaging conversations. Next time, I would just do more advertising at the university to reach even more people.
If you also have a topic that you are passionate about and would like to ignite others with your enthusiasm, why not host your own autonomous tutorial? You can find more detailed information Here – you can apply until October 15th. We look forward to your ideas!
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