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Ode an den Zeitraum: Das Café am Campus Dieburg ist nicht selbstverständlich (Teil 1)

von Maya-Katharina Schulz (09.10.2024)

Vielleicht sagt es nicht allen Darmstädter Studis etwas, doch für diejenigen am Campus Dieburg hat es ungefähr dieselbe Bedeutung wie ein Streifen Land am Horizont für einen Schiffbrüchigen: Das Café Zeitraum. Seit fast 20 Jahren versorgt es nicht nur Studis, sondern auch Lehrende in Dieburg mit Kaffee und Snacks. Neben Mensa, Netto und ein paar einsamen Automaten ist es damit der einzige Ort auf dem Campus, an dem es Kaffee gibt. Ach_dasta!-Autorin Maya hat mit Hanna Steger, der ersten Barista des Cafés, in Erinnerungen geschwelgt und mit seiner aktuellen Leiterin Maria Raskina darüber gesprochen, was Studis tun können, damit das Café bleibt.

Illustration: Margo Sibel Koneberg

Die Anfänge
Als Hanna Steger 2004 anfängt, den SMP-Vorgänger-Studiengang ”Media Production“ am Mediencampus zu studieren, gibt es dort abgesehen von der Mensa schlicht und einfach: nichts. Dort, wo heute der Netto steht, ist nur ein riesiger Parkplatz. Der Dieburger Campus ist von Ratten bevölkert (sogar Punkt 12 berichtet darüber) und Studis suchen vergeblich nach einem Ort, an dem sie hier nach der Uni noch abhängen können.

In Hannas drittem Semester tut sich endlich was: Das tapfere AStA-Mitglied Marco Tarsia ergreift die Initiative, um die kleine Rumpelkammer in F15 in ein Café zu verwandeln. Als Studi-Mitarbeiter gesucht werden, um das Café morgens aufzuschließen, zögern Hanna und ihr Mitbewohner Ulrich nicht lange. Sie haben in Dieburg eine WG gegründet und haben es nicht weit. Die beiden sind die ersten Zeitraum-Baristas. Der Aufenthaltsraum mit den Couches existiert damals schon. Doch der bislang nur als Abstellkammer genutzte Raum daneben wird nun binnen kürzester Zeit in ein Café mit Theke verwandelt. Und das kleine Team lässt sich nicht lumpen: Die mit Ikea-Lampen beleuchteten KALLAX-Regale machen den Raum „für damalige Verhältnisse richtig schick“.

„Siebträgermaschinen und diese ganze Coffee-to-go-Sache waren noch nicht so ein Ding, das entwickelte sich gerade erst“, erinnert sich Hanna. Stattdessen vereinbart das Café einen Vertrag mit Nespresso und bekommt Kapselautomaten zur Verfügung gestellt. Sogar einen Milchaufschäumer gibt es – Cappuccino oder Latte Macchiato sind also auch mal drin. Mit der Zeit führen Hanna und Ulrich auch Schokoriegel, Gummibärchen und immer mehr Kaltgetränke ein, „ob das dann Orangina war oder die super hippe Bionade“, schmunzelt Hanna. Die Studis sind angesichts des neuen Angebots am Campus hellauf begeistert. Die „absolute Obergoldgrube“ ist das Café nicht, doch man schreibt schwarze Zahlen. Für ihre Arbeit verdienen die Baristas kein Geld, sondern dürfen sich an den angebotenen Dingen bedienen: „Ich glaube jegliches Bier, was wir getrunken haben, haben wir im Zeitraum getrunken.“

Im Sommer schleppen Hanna und ihre Kolleg:innen die Couches aus dem Café nach draußen. Für sie das allerschönste Gefühl: „Plötzlich gab es so eine Gemeinschaft und wir als Baristas waren irgendwie Dreh- und Angelpunkt davon. Wir bekamen auf einmal alles mit, was an der Uni passierte und waren immer top informiert. Diese schwarze Flüssigkeit brachte die Leute zusammen.“ Ein weiterer positiver Nebeneffekt: der Kontakt zu den Profs. „In den Vorlesungen waren das ernstzunehmende Persönlichkeiten, aber als sie dann morgens völlig zerknittert ins Café geschlurft kamen, war man auf einer anderen Ebene miteinander. Das hat es für mich viel einfacher gemacht, aufzutauen und mit den Profs warm zu werden.“

Aber natürlich knüpfen die Zeitraum-Baristas auch studiengangsübergreifend Kontakte. Besondere Erinnerungen hat Hanna an einen Studenten, dessen Freundin ihn damit beauftragt hatte, für zwei Wochen auf ihren Hamster aufzupassen. Jeden Tag beklagt er sich im Zeitraum über den Hamster. „Von Tag zu Tag wurde die Situation dramatischer“, erzählt Hanna, die darüber heute noch lachen muss. „Der Hamster wurde nämlich krank.“ Sein verzweifelter Aufpasser bittet weiterhin täglich im Zeitraum um Rat. Schließlich geschieht das Unvermeidliche: Der Hamster stirbt. Kurzum wird ein pelziger Ersatz besorgt. Der heimkehrenden Freundin fällt es niemals auf. „Das war so skurril!“

2022 wird Hanna selbst Dozentin in Dieburg und betritt das Café erstmals von der anderen Seite der Theke. „Ich war beeindruckt, was aus unserer kleinen Rumpelkammer mittlerweile geworden ist und wie krass Coffeeshop-mäßig es aussieht.“ Für Hanna hat das Café den besonderen Studivibe von 2005 fast schon ein bisschen verloren. Man dürfe angesichts der Fancyness nicht vergessen, so Hanna, worum es eigentlich gehe: zusammen zu sein, Kontakte zu knüpfen und gemeinsam Kaffee zu trinken. 

Ode to Zeitraum: The Café on Dieburg Campus is Not a Given (Part 1)

by Maya-Katharina Schulz

It may not be known to all students in Darmstadt, but for those on the Dieburg campus, it holds a similar significance as a strip of land on the horizon for a shipwrecked person: Café Zeitraum. For nearly 20 years, it has been providing not only students but also faculty in Dieburg with coffee and snacks. Besides the canteen, Netto, and a few lonely vending machines, it is the only place on campus to get coffee. Ach_dasta! author Maya reminisced with Hanna Steger, the first barista of the café, and spoke with its current manager Maria Raskina about what students can do to ensure the café stays open.

The Beginnings
When Hanna Steger started studying the predecessor of SMP, “Media Production,” at the media campus in 2004, there was, aside from the canteen, simply: nothing. Where Netto stands today was just a huge parking lot. The Dieburg campus was overrun with rats (even Punkt 12 reported on it), and students searched in vain for a place to hang out after classes.

In Hanna’s third semester, something finally changed: the brave AStA member Marco Tarsia took the initiative to transform the small storeroom in F15 into a café. When student workers were sought to open the café in the mornings, Hanna and her roommate Ulrich didn’t hesitate. They had established a shared apartment in Dieburg, so it wasn’t far for them. The two became the first Zeitraum baristas. The common room with couches already existed at the time, but the room next to it, previously used as a storage space, was quickly converted into a café with a counter. The small team didn’t hold back: the KALLAX shelves illuminated with IKEA lamps made the room “quite chic for the time.”

“Espresso machines and the whole coffee-to-go trend weren’t really a thing yet; that was just starting to develop,” Hanna recalls. Instead, the café arranged a contract with Nespresso and was provided with capsule machines. There was even a milk frother—so cappuccinos or lattes were also on the menu. Over time, Hanna and Ulrich introduced chocolate bars, gummy bears, and more cold drinks, “whether it was Orangina or the super trendy Bionade,” Hanna chuckles. The students were thrilled with the new offerings on campus. While the café wasn’t a “goldmine,” it broke even. The baristas didn’t earn money for their work but could help themselves to what the café offered: “I think any beer we drank, we drank at Zeitraum.”

In the summer, Hanna and her colleagues dragged the couches outside. For her, it was the best feeling: “Suddenly, there was this sense of community, and as baristas, we were somehow the center of it. We suddenly knew everything that was happening at the university and were always in the loop. This black liquid brought people together.” Another positive side effect: contact with the professors. “In lectures, they were serious figures, but when they shuffled into the café in the morning all rumpled, you were on a different level with them. It made it much easier for me to warm up to the professors.”

Of course, the Zeitraum baristas also made contacts across different study programs. Hanna has fond memories of one student whose girlfriend had tasked him with taking care of her hamster for two weeks. Every day, he complained about the hamster in Zeitraum. “Day by day, the situation became more dramatic,” says Hanna, who still laughs about it today. “The hamster got sick.” His desperate caretaker continued to ask for advice in Zeitraum daily. Eventually, the inevitable happened: the hamster died. A furry replacement was quickly found, and the returning girlfriend never noticed. “It was so absurd!”

In 2022, Hanna returned to Dieburg as a lecturer and entered the café for the first time from the other side of the counter. “I was impressed by what our little storeroom had become and how much like a coffee shop it now looked.” For Hanna, the café has almost lost a bit of that special student vibe from 2005. Amid all the fanciness, Hanna reminds us not to forget what it’s really about: being together, making connections, and drinking coffee together.

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