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Ruhe bitte!

VON MARCO SCHÜLER

Ruhige Räume sind absolute Mangelware an der Hochschule Darmstadt. Es gibt keinen Rückzugsort für Studierende, die zum Beispiel meditieren oder Spiritualität ausüben. Oder für solche, die sich einfach nur ein wenig ausruhen möchten. Halis Teke kümmert sich gemeinsam mit einigen anderen Studierenden im Rahmen der Silencium-Hochschulgruppe darum, dass die h_da in Zukunft einen sogenannten “Ruheraum” bekommt. Wir haben uns mit dem Studenten der Sozialen Arbeit getroffen, um einmal genau zu erfahren, was es mit dem Projekt auf sich hat – und ob und wann die Studierenden an der Hochschule sich über einen solchen Rückzugsort freuen können.

Vielleicht kannst du zunächst einmal beschreiben: Worum geht es überhaupt bei dem Silencium-Projekt? 

Halis Teke: Dabei geht es im Grunde um Ruheräume an der Hochschule Darmstadt. Studierende suchen Rückzugsräume. Du weißt ja wahrscheinlich selbst, wie stressig es in der Uni sein kann. Wir haben sehr viele Studierende gesehen, die zum Beispiel auf den Tischen geschlafen haben und dachten uns: So kann’s nicht weitergehen! Daraufhin haben wir die Silencium-Hochschulgruppe gegründet, haben unser Konzept erstellt und es inzwischen auch dem Senat vorgestellt.

Und wann war das, dass die Hochschulgruppe gegründet wurde?

Halis Teke: Das war letztes Jahr im November. Damals haben wir uns relativ schnell per Mail gefunden und eine WhatsApp-Gruppe gegründet, in der dann nach kurzer Zeit 60-70 Leute drin waren. Daraufhin haben wir uns dann hybrid getroffen und am Ende war eine Kerngruppe von zehn Leuten übrig, die das Organisatorische auf sich genommen hat. Das hat dann alles so zwei, vielleicht drei Monate gedauert – Konzept erstellen, Raumordnung, Nutzungsordnung und so weiter. Im Februar haben wir dann den Antrag im Senat gestellt.

Es gibt an unserer Hochschule ja ohnehin schon Platzmangel. Warum denkst du, brauchen wir gerade jetzt so einen Ruheraum?  

Halis Teke: Wegen dem ganzen Stress! Auch durch die Corona-Pandemie wurde das nicht gerade besser, sondern hat sich eher nochmal zugespitzt. Und deswegen ist jetzt der beste Zeitpunkt. Wir haben zwar die Lernräume im Studierendenhaus, aber auch das ist viel zu wenig Raum. Der AStA will sich deswegen dafür einsetzten, dass wir noch mehr Fachräume offenhalten können, um während der Nichtbenutzung eine bessere Lernraumsituation zu bekommen. Das passiert aber komplett losgelöst vom Silencium-Projekt. Dabei geht es lediglich um den Rückzugsraum, eben den Ruheraum.

Ihr seid ja nicht die ersten Studierenden in Deutschland, die so etwas fordern. An vielen anderen Unis gibt es so einen Rückzugsort für die Studierenden fast schon selbstverständlich. Warum glaubst du, hat die h_da das noch nicht? 

Halis Teke: Vor gut zehn Jahren gab es so einen Raum sogar mal, das war glaube ich im Hochhaus. Aber der Raum wurde dann missbraucht – viele verschiedene Gruppen haben ihn genutzt und quasi zweckentfremdet. Der Senat hat danach gesagt, dass man den Raum abschafft und ist deswegen seitdem auch eher misstrauisch, wenn es um so ein Konzept geht. Die h_da ist Teil von sechs Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW’s), die haben alle so einen Raum haben – nur wir nicht. Und nur weil es vor zehn Jahren nicht geklappt hat, heißt das ja nicht, dass es jetzt nicht klappen kann!

Wie ist denn im Moment der Stand des Ganzen? Sprich: Was genau ist geplant und wie weit seid ihr damit eigentlich?  

Halis Teke: Also diesen Raum im Studierendenhaus (C23, 3.14 derzeit noch AStA-Lounge) werden wir höchstwahrscheinlich bekommen. Dafür haben wir jetzt auch einen AStA-Beschluss, der besagt, dass wir den Raum unter gewissen Rahmenbedingungen als Ruheraum nutzen dürfen. Diese Rahmenbedingungen wurden erstellt und nochmal überarbeitet und dann ist der Beschluss im Grunde bald durch. Das gilt dann für ein Semester und danach schaut das Präsidium noch einmal nach einer anderen Räumlichkeit.

Wenn ich an einen “Raum der Stille” denke, dann sieht der irgendwie nicht so karg aus, wie die AStA-Lounge es bis jetzt noch tut – wie wollt ihr eine bessere Atmosphäre in dem Raum schaffen?  

Halis Teke: Dafür haben wir jetzt zwei Innenarchitektur-Studierende gefunden, die den Raum entsprechend umgestalten werden. Wir kaufen neue Möbel, wofür wir einen Antrag im Studierendenparlament stellen werden. Damit möchten wir zum Beispiel Yogamatten und Trennwände holen, damit man ungestört sein kann. Es soll auch einen “Lounge-Bereich” mit den jetzigen Möbeln geben, damit man sich immer noch hinsetzen kann. Am Ende wollen wir, dass man dann hier seine Ruhe hat und zum Beispiel meditieren oder auch schlafen kann, um seine innere Ruhe zu stärken. 

Was war denn die größte Schwierigkeit für das ganze Projekt? 

Halis Teke: Puh, Schwierigkeiten gab es wirklich viele! Durch die Erfahrung mit dem letzten Raum der Stille war der gesamte Senat grundsätzlich schon einmal negativ eingestellt. Auch das Präsidium hat uns sehr wenig Erfolgschancen in Aussicht gestellt. Nachdem wir den Antrag dann aber im Senat vorgestellt und eine gute Präsentation gehalten haben, wurde es allmählich besser. Davor wurde uns immer gesagt: stellt einen Senatsantrag und dann schauen wir, was passiert. Ich möchte aber auch besonders betonen, dass wir von vielen Seiten auch von Anfang an Unterstützung erfahren haben! Trotzdem war es nicht leicht, das Konzept auf die Beine zu stellen. Der Rest war aber eher dagegen. Und dann ist es natürlich nicht leicht, mit so einem Anliegen durchzukommen.

Ihr hattet ja nach all dem Gegenwind eine Petition für den Ruheraum gestartet. Was habt ihr euch davon versprochen und wie war dort die Beteiligung? 

Halis Teke: Vor allem sichtbar machen, dass die Studierenden den Raum möchten! Online hatten wir etwas über 300 Unterschriften gesammelt. Aber per Liste an unserem Stand kamen noch einmal über 700 dazu. Am Anfang hatten wir gesagt, dass wir 1.000 Unterschriften möchten und die haben wir am Ende auch geknackt. Damit sind wir dann zum Präsidium gegangen und konnten sagen: schaut, die Studierenden wollen diesen Raum wirklich! Das hat uns dann nochmal wirklich sehr weitergeholfen. Deswegen auch nochmal danke an alle, die uns unterstützt haben!

Explizit geht es ja die ganze Zeit um den Campus in Darmstadt. Aber das ist ja nicht der einzige Campus der Hochschule. Wird Dieburg von euch vergessen?  

Halis Teke: Nein, wird es nicht. Die Unterschriften waren auch explizit für den Campus in Dieburg. Da gibt es Gespräche mit dem Studierendenwerk über einen bislang leerstehenden Raum in der Dieburger Mensa. Und den können wir künftig, so sieht es bis jetzt aus, wohl auch als Ruheraum nutzen. In Dieburg soll ohnehin die Mensa in Zukunft zusätzlich in ein “Lernzentrum” umgewandelt werden. Das passt dann ja eigentlich super gut zusammen. Auch da gehen wir demnächst mit unseren Innenarchitektur-Studierenden mal in den Raum, lassen eine Zeichnung erstellen und kaufen dann Möbel, um den Raum umzugestalten.

Würde es aus deiner Sicht Sinn machen, wenn der Raum mit anderen Projekten und Hochschulgruppen geteilt wird?  

Halis Teke: Also eigentlich sieht der Plan bislang vor, dass nur das Silencium-Projekt den Raum am Ende auch nutzen darf. Aber wenn es Veranstaltungen für Achtsamkeit, Ruhe oder Spiritualität geben sollte, dann würde es ja absolut Sinn machen, dass wir den Raum entsprechend zur Verfügung stellen. Das wären ja alles Dinge, die die Stressresilienz der Studierenden stärken und deswegen sind wir, was so etwas angeht, absolut offen. Am Ende entscheidet das dann aber die Hochschulgruppe Silencium.

Letzte und wichtige Frage wäre jetzt noch: Du hast gesagt, dass ihr den Raum für ein Semester bekommt. Was passiert danach?

Halis Teke: Da hoffen wir, dass das Präsidium einen anderen Raum für uns findet. Das ist jetzt ein Pilotprojekt und die Hochschule möchte schauen, ob es wirklich keine Konflikte mit dem Raum gibt. Es gibt Überlegungen, das ehemalige Corona-Testzentrum dafür zu nutzen. Der Raum war ursprünglich auch einmal anstelle der AStA-Lounge vorgesehen, aber war dann zu häufig anderweitig belegt. Vielleicht belegt man den dann schon einmal für das anschließende Semester, um ihn zum künftigen “Raum der Stille” zu machen. Da warten wir aber noch auf das Präsidium. Wir bleiben aber auf jeden Fall am Ball und machen nachhaltig Druck, sodass der Raum nicht nur ein Semester zur Verfügung steht.

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