Zum Inhalt springen

Toilettengerechtigkeit

von Caelan Novo Fernandez

Der queerfeministische Diskurs beschränkt sich nicht allein auf den Gender Pay Gap und die körperliche Selbstbestimmung, denn auch der alltägliche Gang zur Toilette birgt Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Es mag nicht jedem sofort auffallen, aber oft gibt es für Männer mehr Möglichkeiten, ein WC aufzusuchen, als für Frauen. In mindestens sieben Bundesländern schreibt der Gesetzgeber mit der Versammlungsstättenverordnung Frauen weniger Toilettenräume zu als Männern.

Toiletten am Campus Dieburg
Illustration: Caelan Novo Fernandez

Mediencampus Dieburg: Die ersten Wochen des Wintersemesters 2018/2019  sind vorbei und die Student*innen finden sich langsam zwischen Hörsaal und Mensa zurecht. Doch eine Sache verwundert viele Student*innen, darunter auch Erstsemesterstudentin Sarah Fenchel: „Während es in direkter Nähe zu unseren Unterrichtsräumen eine Herrentoilette gab, fand sich die einzige Damentoilette eine Etage unter uns.“

Die Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule Darmstadt, Prof. Dr. Haffner überrascht dies nicht. Situationen wie diese finden sich oft: „Auch im Studiengang Maschinenbau nehmen Studentinnen weite Strecken auf sich, um ein WC aufzusuchen.“ Die Toiletten sind dabei räumlich so weit weg, dass sie die gesamte Pause brauchen, um dorthin zu gelangen.

Andere Student*innen des Mediencampus bestätigen dies. Während die Damentoiletten für einige Zeit nicht nutzbar waren, mussten sie in ein anderes Gebäude laufen. „Das kostete uns dann die gesamte Pause, in der wir die anderen Erstsemester näher hätten kennenlernen können“, berichtet Selina Temizsoyoglu.

„Auch In vielen Führungsetagen gibt es keine Damentoiletten,“ berichtet die Gleichstellungsbeauftragte. „Da schauen sich die Herren fragend an, wenn man sich nach einer Toilette erkundigt.“ Frauen in Führungspositionen werden dadurch benachteiligt. Denn: Lange Toilettenwege bedeuten Zeitverlust, Zeit in denen sie die Möglichkeit verlieren während Sitzungspausen zu netzwerken, so Haffner.

Frau Henrich, Leiterin der Abteilung Bau und Liegenschaften für die Hochschule Darmstadt, sieht den Grund für die überwiegende Anzahl an Herrentoiletten gegenüber der Damentoiletten in der Geschichte des Gebäudes. In den 1960er Jahren arbeiteten noch deutlich mehr Männer in den größtenteils noch bauzeitlichen Gebäuden der früheren Ingenieurakademie der Deutschen Bundespost: „In dieser Zeit gab es keine, im Weiteren sehr wenige weibliche Studierende.“

Prof. Dr. Haffner sieht dies ebenfalls als den Ursprung, empfindet das weitere Bestehen dieser Problematik jedoch als nicht mehr zeitgemäß. Sie schlägt vor, All-Gender Toiletten einzuführen. Unverhältnismäßige Männertoiletten sollen dabei zu Unisex-Toiletten umgebaut werden, zu denen dann jeder Mensch unabhängig seines Geschlechts Zutritt hat. Dieser Lösungsansatz hat zugleich zwei Effekte: Einerseits wird eine Gleichverteilung zwischen Damen- und Herrentoiletten hergestellt und andererseits bekommen auch nicht binäre Personen eine neue Möglichkeit. „Die All-Gender Toiletten sind bisher sehr gut angekommen“, erzählt Haffner.

Die Abteilung Bau und Liegenschaften sieht die Einführung von All-Gender Toiletten am Mediencampus als „grundsätzlich möglich.“ Der Sanierungsstau durch die allgemein unzureichenden Finanzmittel und der zu beachtende Denkmalschutz der Dieburger Gebäude sei hier eher das Problem. Die Hochschulleitung bemüht sich bereits in Verhandlungen mit der Landesregierung, den „finanziellen Spielraum für die bauliche Sanierung und Weiterentwicklung der Standorte zu erhöhen.“

Die Gleichstellungsbeauftragte der h_da freut sich sehr, dass man sich mehr mit dem ungleichen Toilettenverhältnis zwischen Mann und Frau beschäftigt und begrüßt auch das Bestreben der Student*innen, sich diesbezüglich weiter zu engagieren. Haffner ist für weitere Impulse offen und bei Ideen sowie weiteren geschlechtsbezogenen Benachteiligungen im Rahmen der Hochschule Darmstadt unter Ihrer E-Mail Adresse yvonne.a.haffner@h-da.de zu erreichen.

  • So sehen eure Träume aus: Das große Traumboxen-Unboxing!
    Hier kommt die Auswahl eurer schönsten, schlimmsten und einprägsamsten Träume – von der KI bildlich umgesetzt. Viel Spaß beim Staunen und Mitträumen!
  • DOUBLE DARE YA – Wie war’s beim FLINTA*-Tag in der Oetinger Villa?
    Lichterketten säumen den Flur, der an zwei Unisex-Toiletten vorbei in den großen Hauptraum der Oetinger Villa führt. Es herrscht reges Treiben im alten Gebäude, das sich mit seinen mit Efeu überwucherten Hauswänden fast schon mystisch in der Kranichsteiner Straße erhebt und heute Veranstaltungsort für den ersten hier stattfindenden FLINTA*-Tag ist. 
  • Vom Flüchten, Schreiben und Träumen
    Slafa Kafi ist neun Jahre alt, da beginnt in ihrem Heimatland Syrien der Bürgerkrieg. Jetzt ist sie 21, studiert in Erlangen Zahnmedizin und wenn man ihren Namen googelt, dann erscheinen als erste Treffer zwei Bücher, auf denen ihr Name steht.