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“Wenn ich die Wahl gehabt hätte, hätte ich immer nur geschrieben!”

von Sarah Grund

Im Mai fanden in Darmstadt sowohl die Criminale als auch das Jugend- und Kinder-Literaturfestival „Huch, ein Buch!“ statt. Mitten drin: Die Darmstädter Autorin Silke Heimes, mit ihrem aktuellen Jugendbuch-Thriller „The truth behind your lies #nofilter“ im Gepäck. Seit 2014 ist Silke Heimes außerdem Professorin für Journalismus an der Hochschule Darmstadt. Ein Gespräch über ihr Leben, den Weg zum Schreiben und ihre Heimatstadt Darmstadt.

Illustration: Karoline Hummel

Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?

Silke Heimes: Ich schreibe schon seit ich ganz klein war. Früher, wenn ich mit meinen Eltern essen war und mir langweilig wurde, habe ich mir Bestellblöcke geben lassen und angefangen, darauf ganz gruselige Horrorgeschichten zu schreiben. Spätestens dann, wenn meine Eltern die gelesen haben, war es an der Zeit, dass wir heimgegangen sind. Schon damals habe ich gemerkt, dass Geschichten eine gewisse Wirkmacht haben.

Sie sind aber nicht auf direktem Wege Autorin geworden, sondern haben erst Medizin studiert, bevor Sie zur Germanistik wechselten. Wie kam es dazu?

Silke Heimes: Also eigentlich wollte ich schon immer Germanistik studieren, aber das war in meiner Familie nicht so hoch angesehen. Da hieß es dann immer: Was willst du damit anfangen? Mach‘ lieber was Gescheites! Und deshalb dachte ich: okay, ich mach‘ was Gescheites. Dann habe ich gemerkt, dass Medizin nicht so meins ist, habe mich exmatrikuliert und für Germanistik immatrikuliert. Aber irgendwie war ich wie paralysiert. Ich konnte es irgendwie nicht, weil eben ja im Hintergrund immer die Sorgen waren und die Worte „Mach was Gescheites“. Schließlich habe ich mich wieder immatrikuliert für Medizin und habe beide Studiengänge parallel laufen lassen. Nach dem Abschluss meines Medizinstudiums habe ich gemerkt, dass ich mir den Beruf zu Nutze machen kann! Ich habe dann an den Wochenenden im Notdienst gearbeitet, wo man in kurzer Zeit relativ viel Geld verdient, und habe die Zeit unter der Woche zum Schreiben genutzt. Aber wenn ich die Wahl gehabt hätte, vom Schreiben zu leben, hätte ich immer nur geschrieben und keine Medizin gemacht.

Und wie kam es dann dazu, dass Sie Ihr erstes Buch veröffentlichten?

Silke Heimes: Mein erstes Buch war ein Erzählband – ich weiß gar nicht mehr genau, wann das war. Das war sozusagen der Startschuss, danach habe ich aber vorwiegend Sachbücher geschrieben. Manchmal, da öffnen sich im Leben Türen und andere Türen wollen sich einfach nicht öffnen. Die Tür in den Sachbuchbereich hat sich mir geöffnet. Es ging immer weiter, der Verlag wollte ein Buch nach dem anderen. Aber ich wollte eigentlich immer Romane schreiben – nur wollte sich diese Tür einfach nicht öffnen und ich habe keinen großen Verlag gefunden. Deshalb bin ich erstmal im Sachbuchbereich geblieben. Mein erster Roman, „Die Geigerin“, erschien dann 2009.

Worum geht es in Ihrem neusten Buch, „The truth behind your lies #nofilter“?

Silke Heimes: Es geht um Mobbing, um Social Media und um Rache. Und vor allen Dingen geht es darum, dass es eigentlich nie so eindeutige Opfer-Täter-Zuschreibungen gibt, wie die Medien, Bücher oder Filme einem das weismachen wollen. Ich finde, die Realität ist eben anders.

Und was ist die Message hinter dem Buch, die Sie ihren Leser*innen mit auf den Weg geben wollen?

Silke Heimes: Also eigentlich gibt es keine. Ehrlich gesagt finde ich es sogar schrecklich, wenn Bücher Messages haben! Deshalb wollte ich darauf verzichten. Ich erzähle einfach eine Geschichte, die mir am Herzen liegt, die meine Aufmerksamkeit erregt hat und vielleicht auch die Aufmerksamkeit von Lesern erregt.

Im Moment sind Sie ja auch hier in Darmstadt viel auf Veranstaltungen und Events unterwegs, um Ihr neues Buch zu promoten. 

Silke Heimes: Passenderweise bin ich kürzlich Mitglied beim „SYNDIKAT“ geworden, einer Gruppe von Krimi-Autor*innen, die 1986 gegründet wurde. Das „SYNDIKAT“ veranstaltet jedes Jahr die Criminale, und die fand dieses Jahr zufällig in Darmstadt statt. Das war natürlich dann das erste Heimspiel für mich. Und „Huch, ein Buch!“ ist ein Kinder- und Jugendbuch Festival, das auch über die Region hinaus bekannt ist. Da war ich dann passenderweise auch gleich mit meinem Buch vertreten.

Sie haben aber gar nicht immer in Darmstadt gelebt, richtig?

Silke Heimes: Richtig. Ich bin aus Darmstadt weggegangen und habe mich in der großen weiten Welt umgeschaut, habe in Brasilien und in der Schweiz gearbeitet und habe dann festgestellt, dass Darmstadt ein paar Dinge zu bieten hat, die einfach gut zusammenpassen. Ich wollte damals ein Institut für kreatives und therapeutisches Schreiben gründen, und das konnte ich als nicht-Schweizerin in der Schweiz nicht. Also theoretisch konnte ich das schon, hatte da aber einfach nicht die Connections und kannte auch nicht die richtigen Leute. Deshalb habe ich mich entschieden, zurück nach Darmstadt zu kommen, wo ich mich auskenne. Das Gleiche galt auch fürs Schreiben: Als Deutsche in der Schweiz als Autorin angenommen zu werden, Erfolg zu haben. Das ist schwieriger als in der Heimat.

Wie kam es dann, dass Sie Professorin hier an der Hochschule wurden?

Silke Heimes: Zunächst habe ich in Darmstadt keine Stelle gefunden und bin erstmal gependelt. Meine Stelle wurde dann aber von Calw nach Hamburg umgesiedelt, das war mir aber zu weit weg und ich konnte mit der Stadt persönlich auch nichts anfangen. Also, es kann vielleicht niemand so wirklich verstehen, dass man in Darmstadt bleibt, wenn man nach Hamburg könnte. Aber so war es damals. Und dann hat sich das mit der Stelle in Darmstadt ergeben.

Sind schon weitere Bücher in Planung?

Silke Heimes: Tatsächlich habe ich ein zweites Jugendbuch schon fertig geschrieben. Es ist allerdings kein Thriller, sondern eher ein kleiner Roadmovie. Es geht um vier Jugendliche, die sich in einer Psychiatrie kennenlernen, gemeinsam ausbrechen und sich auf den Weg begeben, ihre Wünsche zu erfüllen. Das Buch habe ich gerade mit meiner Agentin zusammen verschiedenen Verlagen angeboten.

Wo wir gerade bei Zukunftsplanung sind: Könnten Sie sich vorstellen, für den Rest Ihres Lebens in Darmstadt zu bleiben?

Mal sehen – andere Länder finde ich einfach auch schön! Nach Darmstadt komme ich gerne immer wieder zurück. In den letzten Jahren war ich auch in Oberstdorf und Irland unterwegs und: ja, ich könnte mir vorstellen, nochmal woanders hin zu gehen! Aber Darmstadt wird immer meine Homebase bleiben.

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